Diejenigen, die mich kennen, wissen es: ich bin ein ziemlich kritischer Zeitgenosse bei vielen Themen rund um den Amateurfunk. In fast 35 Jahren aktiver Teilnehme an diesem Hobby habe ich schon einiges gesehen, erlebt und auch gehört. Ich nehme vieles nicht einfach so als gegeben, sondern bilde mir eine Meinung und vertrete diese auch. Heute nun ist es an der Zeit, mal die Landschaft der speziell dt. YouTube-Kanäle im Bereich Amateurfunk genauer unter die Lupe zu nehmen, wo ich mir schon länger eine durchaus kritische Meinung dazu gebildet habe, da ich das schon längere Zeit verfolge und (für mich) auch bewerte. Es geht also um die Frage „Was bringen mir speziell die deutschen YT-Kanäle so an Mehrwert für mein Hobby Amateurfunk ? Kriege ich da Informationen, die ich woanders nicht bekomme ? Hot News ?“ Leider wird das Ergebnis ernüchterender ausfallen als man vermuten mag und das hat durchaus seine Gründe. Die wollen wir mal genauer unter die Lupe nehmen.
Während es aus den USA und aus Großbritannien inzwischen Dutzende, wenn nicht gar hunderte YouTube-Kanäle gibt, die sich mit Funk, speziell Amateurfunk beschäftigen, sind inzwischen auch hier in Deutschland einige deutsche YouTube-Kanäle entstanden.
Allem vorweg – die folgende Betrachtung ist ausschließlich meine persönliche Meinung, die man weder teilen noch als allgemein gültig ansehen muss oder soll. Ebenfalls werde ich keine Kanäle konkret benennen, es wird eher eine Art Allgemeineinschätzung über das Gesamtangebot im deutschsprachigen Bereich mit Bezug auf Amateurfunk.
Der eigene YT-Kanal
Grundsätzlich kann JEDER einen eigenen YT-Kanal starten. Klar muss aber auch sein, man unterwirft sich letztlich einem ziemlich undurchschaubaren Regelwerk des Netzwerkbetreibers und hat im Falle eines Falles kaum eine Chance, mit ihm in einen kommunikativen Dialog zu kommen. Vieles regeln „Algorithmen“ – also automatisierte Abläufe und Prüfungen, die Dinge wie Urheberrechtsverletzungen, Markenmissbrauch oder Ähnliches zu erkennen versuchen um dann – ebenfalls automatisiert – entsprechende Massnahmen oder Restriktionen anzuwenden. Ist man als Kanalbetreiber von solch einer Massnahme betroffen, ist es sehr mühsam und zeitraubend, da was geregelt zu bekommen. Meist steht nur Email-Kommunikation zur Verfügung – und die kann langwierig werden. Im Grunde setzt der Netzwerkbetreiber gesetzliche Vorgaben der entsprechenden Region wie USA oder EU um – allerdings, so mein Empfinden, verlässt er sich weitgehend auf eine Art „KI“ und weniger auf Mitarbeiter, mit denen man das eine oder andere Problem im zwischenmenschlichen Gespräch sicher besser erklären und auch schneller lösen könnte. Über allem stehen natürlich noch nationale Gesetze und Verordnungen wie Kennzeichenpflicht des Online-Angebots – wobei das eher unabhängig von YT zu sehen ist und für andere Plattformen wie Blogs etc. ebenfalls gilt. Beachtet und vor allem akzeptiert man diese ganzen Dinge, steht dem Betrieb eines eigenen Kanals nichts im Weg.
Der technische Aufwand für einen eigenen YT-Kanal
Wer qualitativ hochwertigen Inhalt, engl. „Content“ genannt, veröffentlichen will, muss schon einen erheblichen technischen Aufwand betreiben. Was meist einfach im Video aussieht, ist technisch durchaus anspruchsvoll umgesetzt und vor allem – eine solche Ausrüstung kostet Geld und nicht grade wenig. 4K-Videotechnik ist ja inzwischen fast Standard – Beleuchtung, Mikrofontechnik (besonders bei Außenaufnahmen) und letztendlich auch die Schnitttechnik am Computer. Klar kann man auch mit einem Smartphone inzwischen hochwertige Videos produzieren und sogar schneiden bzw. bearbeiten, aber meist reicht das nicht aus. Schnitt und Nachbearbeitung am (leistungsstarken !) Computer ist eigentlich ein Muss – wie weit man das treiben will, liegt natürlich beim Kanalbetreiber selbst. Grundsätzlich erfordert im Prinzip jedes Video, welches am Ende 10-30min lang ist, viele, viele Stunden(!) Vorarbeit, bis man es veröffentlichen und online stellen kann oder will. Ich habe sehr viel Respekt vor denen, die diesen Aufwand nicht scheuen und versuchen, hochwertigen Content für den Zuschauer zu gestalten.
Der Kampf um Abonnenten und Monetarisierung des YT-Kanals
Natürlich wird jeder Kanalbetreiber bestrebt sein, die Zahl seiner Abonnenten möglichst schnell zu erhöhen. Besonders beim Begriff „Monetarisierung“ (kommt aus der Betriebswirtschaftslehre und beinhaltet durchaus den Begriff „Money“ engl. für „Geld“, im Deutschen auch umgangssprachlich „Moneten“ genannt) wird jedoch schnell ersichtlich, welchen Zweck der Kanalbetreiber verfolgt. Grundsätzlich kann er zwei Wege verfolgen:
- er macht es als reines Hobby, also einfach als Spaß an der Freude OHNE Absicht, damit Geld verdienen zu wollen
- er will, wenn auch nicht gleich und sofort, damit irgendwann Geld verdienen
Wir Funkamateure betreiben ja den Amateurfunk in erster Linie als Hobby – bedeutet, kostet Geld, bringt aber keins zurück. Das ist nun mal mit den Hobbys so. Ich kann also einen YT-Kanal so gestalten, um dieses Hobby zu präsentieren, ohne die Absicht, da irgendwie Gewinn zu generieren. Bei vielen der deutschen YT-Kanäle mit Bezug auf Amateurfunk war das anfangs so und ist teilweise auch so geblieben. Einige jedoch zielen inzwischen klar auf den zweiten Punkt ab und wollen damit endlich Einnahmen generieren. Und damit ändert sich leider auch meine Sichtweise auf diese YT-Kanäle.
Content, mit dem man Geld verdient oder verdienen kann
Wenn also ein YT-Kanal eine gewisse Reichweite, sprich eine große Anzahl an Abonnenten erreicht hat, wird dieser für Hersteller oder Händler als Marketing-Plattform interessant. Der YT-Kanalbetreiber wird damit über kurz oder lang zum Influencer (engl. „to influence“ = beeinflussen, einwirken, prägen). Diese Influencer-Geschichte ist leider nicht ganz ohne, denn der YT-Kanalbetreiber beginnt, Produktplazierungen in seine Präsentationen einzubinden, für die er letztlich bezahlt wird, also eine Art Sponsoring – ich nenne das einfach Marketing. Dabei muss jedem Zuschauer klar sein, der Content wird letztlich zu einer Werbetafel, mal mehr, mal weniger. Dabei geht es nicht mehr um die Frage, ob die dann dort angepriesenen Produkte auch sinnvoll oder qualitativ hochwertig sind, denn diese Wertung verkneift sich der Ersteller nämlich meistens. Es ist also nur noch bedingt „sein“ Werk, sondern hat eher den Touch von gezieltem Content im Sinne des Auftraggebers der entsprechenden Produktplazierung, gezielt unterlegt in den Videobeschreibungen mit sog. Affiliate-Links (ein Partner-Link, der die Grundlage für die Abrechnung von Vermittlungsprovisionen bildet). Alles gut verpackt in die „Geschichte“, die der Ersteller seinem Publikum präsentieren will.
Besonders bei denjenigen deutschen YT-Kanälen wird eben dann das 100ste China-Handfunkgerät präsentiert – unabhängig davon, das diese meist gar nicht die entsprechenden Normen erfüllen, um hier verkauft werden zu dürfen. Leider gibt es da auch wenig Kontrolle und Maßnahmen seitens der Bundesnetzagentur, die das eigentlich zu prüfen hätte und wenn die Normen nicht erfüllt werden, entsprechende Restriktionen verhängt wie Verkaufs- oder Betriebsverbote. Als positives Beispiel ist hier die BAKOM der Schweiz zu nennen, die das ziemlich flott und zügig prüft und auch schnell reagiert und solche Dinge wie das Inverkehrbringen solcher Geräte unterbindet.
Oder es wird eine 6teilige Serie über die Programmierung dieser Geräte aus China produziert, wo ich mich dann frage, muss das so sein für ein Handfunkgerät, was nur wenig mehr als 20€ kostet ? Was will mir der Ersteller damit sagen ? Ich weiß es nicht – weil ich sowas eh nie kaufen würde.
Auch im Bereich DIY („Do it yourself“ – also dem Eigen- bzw. Selbstbau), den wir Funkamateure umfangreich bedienen dürfen mit dem Erwerb unserer Amateurfunklizenz und sogar Sendetechnik im Selbstbau herstellen können, ist das Angebot eher mau. Da wird der 50igste 1:49 Balun für eine EFHW beschrieben und Ähnliches. Neu und interessant geht allerdings anders, sehe ich jedenfalls so, dabei ist der Amateurfunk so facettenreich.
Bedingt sinnvolle Kommunikation mit dem Kanalbetreiber durch Kommentare
Ein weiteres Problem bei einem YT-Kanal ist dessen Kommentarfunktion. Diese kann – muss aber nicht – durch den Kanalbetreiber moderiert werden. An sich eine gute Sache, wird jedoch immer mehr dazu genutzt, um Kritik einfach zu entfernen, wenn jemand, begründet oder nicht, ich sage mal schwierige Anmerkungen zum Content des Videos macht oder machen will. Ein anderer Weg wie Email-Kommunikation steht meistens nicht zur Verfügung oder der Kanalbetreiber verbittet sich das. Das hat dann schon ein ziemliches „Geschmäckle“ und stellt für mich die Glaubhaftigkeit solcher YT-Kanäle ernsthaft in Frage. Ich spreche da aus Erfahrung, ist mir selbst nicht nur einmal untergekommen. Klar, wenn der neue Zuschauer unter solchen Videos nur positives Feedback liest, denkt er sich „was für ein fachlich hochwertiger Content“. Nur leider ist das nicht immer der Fall – nur auf den ersten Blick, nicht aber, wenn man beginnt, die eine oder andere Aussage zu hinterfragen.
Grade im Amateurfunk, einem technisch sehr anspruchsvollen Hobby, ist doch der Gedankenaustausch und damit auch eine Art Diskussion ein wesentlicher Teil auch der Gespräche über Funk. Grade bei den YT-Kanälen – besonders bei den reichweitenstarken – kommt mir das immer mehr abhanden oder ist gar nicht gewollt.
Mein Fazit zu den deutschen YT-Kanälen im Bereich Amateurfunk
Inzwischen sehe ich zwei Richtungen, in die alle deutschen YT-Kanäle zu laufen scheinen. Die einen machen es als Spass an der Freude, sowas zu machen und produzieren Content ohne Gewinnabsichten, hier bleibt meistens der Gedanke hinter dem Amateurfunk erhalten. Das schaue ich mir gerne an, auch wenn mich nun nicht jedes Thema interessiert.
Der andere Teil, fast ausschließlich die reichweitenstarken Kanäle, nutzen ihre Position immer mehr für kommerzielle Zwecke, was für mich den produzierten Content in einem deutlich schwächeren Licht erscheinen lässt und oft einige Fragen offenlässt. Das schaue ich mir inzwischen nur noch gelegentlich bis gar nicht mehr an, auch habe ich das Abonnement dieser YT-Kanäle inzwischen beendet. „Werbefernsehen“ brauche ich im Amateurfunk nun wirklich nicht, zumal die dort vorgestellten Produkte meist alles andere als hochwertig einzuordnen sind. Die gleichen Informationen finde ich bereits in ausführlicher Form bei den einschlägigen Online-Handelsplattformen, das reicht mir schon und muss mir kein YT-Kanal nochmals ausführlich erklären, denn lesen kann ich selbst.
Weiterhin bin ich der Meinung, besonders wenn es um Projekte geht, die eigentlich eine umfangreiche und begleitende Dokumentation erfordern, ist das Format Video schlicht die falsche Wahl. Ein Blog oder eine Website, wo ich alles in Ruhe nachlesen kann und Abbildungen wie Schaltpläne oder Ähnliches hinterlegt habe, ist mir da zigfach lieber als ein Video, wo von 20min letztlich 1-2min wirklich interessant sind.
Was mich nun zur abschließenden Beantwortung der meiner Frage „YouTube und Amateurfunk – ist es ein Mehrwert ?“ bringt:
Ja, es kann ein Mehrwert sein, wenn das Hobby im Fokus steht. Steht es das nicht mehr, kann ich auf „Dauerwerbesendungen“ gerne verzichten, das ist schon im linearen Fernsehen über das erträgliche Maß hinaus ausgeufert.
Dazu zählen inzwischen – leider – die reichweitenstärksten dt. YT-Kanäle zum Thema Amateurfunk. Schade eigentlich, schaut man sich deren ältere Videos an, gabs noch wirklich interessanten Content „ohne Werbebeilage“. Jetzt ist es das, was es inzwischen wirklich ist – einfach „Business as usual“. Das ändert nun grundlegend meine Bewertung. Ja, deren Videos sind entsprechend gekennzeichnet, das ist nicht zu beanstanden. Aber der Content ist in gewisser Weise kommerzialisiert, was ihn aus meiner Sicht abwertet – trotz aller Bemühungen, das möglichst zu „verstecken“.
Weiterhin vermisse ich bei den deutschen Amateurfunk-YT-Kanälen klar den echten News-Bereich Technik. Das machen die OMs aus UK und USA wesentlich besser und auch interessanter auf ihren YT-Kanälen – vor allen Dingen deutlich aktueller „am Zahn der Zeit“.
Ich hatte auch schon mal überlegt, einen YT-Kanal im Bereich Amateurfunk zu gestalten. Ich bastle viel und es gäbe mehr als genug Content dafür. Am Ende habe ich mich aber dagegen entschieden, Dinge wie dieses Blog erscheinen mir doch wesentlich praktischer und sinnvoller bei der Darstellung solcher Projekte als es ein Video oder gar ein YT-Kanal vermitteln könnte. Es ist und bleibt am Ende einfach alles ein Hobby – auch dieses Blog.