KW-Amplifier Neptune 50W und 100W für 160m-6m

Nach ca. 5 Wochen seit meiner Bestellung trafen sie endlich ein, die beiden KW-PA aus der Ukraine. Nach ein paar Irrwegen durch den deutschen Zoll konnte ich die Lieferung bei unserem Zollamt in Löbau in Empfang nehmen – inklusive der Notwendigkeit zur Erstellung einer vollständigen Zolldeklaration (tnx an die Mitarbeiter einer Zollagentur gleich neben dem Zollamt für die schnelle Hilfe) und natürlich der Bezahlung der 19% Einfuhrumsatzsteuer für Lieferungen außerhalb der EU. Das muss in DL schon alles seine Ordnung haben, hi.

KW-PA Neptune 100W (links) und 50W (rechts)

Technische Daten

Da ich diesen Unboxing-Blödsinn überhaupt nicht ab kann, schenke ich mir sowas. Es war alles gut verpackt – das sollte reichen.
Gebaut und verkauft werden diese PA von Paul, UU0JR unter seinem Label und Online-Shop 60dbm.com .

Es gibt zwei Versionen, eine mit 100W und eine mit 50W Ausgangsleistung. Gedacht sind diese PA als HF-Verstärker von QRP-Transceivern, die so zwischen 1-5W Leistung erzeugen. Interessant ist, beide PA besitzen exakt den gleichen Formfaktor, sind also, nebeneinander gestellt, nicht zu unterscheiden.

Die Auswahl an HF-Verstärkern im Bereich 50-100W ist nicht so umfangreich, aber nicht jeder benötigt gleich eine 750W-PA. Andere Modelle in dieser Leistungsklasse wären u.a. die XIEGU XPA125B, die Micro PA50/PA50+, die KXPA100 von Elecraft, PA500 von DIY599.com (alle als Fertiggeräte erhältlich/kaufbar) oder die Hardrock 50 als Eigenbauprojekt.

Preislich sind die Neptune als kostengünstig einzustufen, qualitativ aber sehr hochwertig und professionell aufgebaut.
Technisch unterscheiden sie sich natürlich etwas voneinander, wenn auch nur sehr wenig:

Neptune 50WNeptune 100W
4 x RD16HHF1
1.8, 3.5, 7, 10, 14, 18, 24, 28, 50 MHz (leider keine 60m !)
Input RF power – 1.5-3W, Maximum RF input power – 5W
Maximum output power – 65W CW, nominal 50W CW
2 x RD100HHF1
1.8, 3.5, 5, 7, 10, 14, 18, 24, 28, 50 MHz
Input RF power – 1.5-3W, Maximum RF input power – 5W
Maximum output power – 125W CW, nominal 100W CW
Band switching – Automatik, RF sense
eingebauter ATU: nein
Band switching – Automatik, RF sense
eingebauter ATU: nein
13.5V, max. 12A13.5V, max. 15A
External PTT signal – GND activeExternal PTT signal – GND active
187 x 120 x 80 mm, 1.2kg187 x 120 x 80 mm, 1.2kg
Technische Daten als Übersicht Neptune 50W und 100W

Beide PA arbeiten lüfterlos und werden passiv gekühlt, es entsteht also keine Geräuschkulisse bei deren Benutzung.
Eine HF-VOX gibt es allerdings nicht, beide müssen mit einer PTT-Leitung, die gegen Masse schalten muss, angesteuert werden.

Rückansicht
(bei beiden Modellen identisch)
Antennenbuchsen BNC
PTT-Eingang Chinch

leider sehr kurze 12V-Kabel (ca. 20cm), auch eine Buchse zum Anschluß ist nicht vorhanden, Sicherung wird extra mitgeliefert

Der PTT-Schalteingang ist unkritisch, es empfiehlt sich aber, diesen galvanisch mittels Optokoppler oder Relais vom Transceiver grundsätzlich zu trennen.

Erste Inbetriebnahme

Die 100W-Version sollte meine Micro PA50 ablösen, die ich für den Remotebetrieb meines SDR-Transceivers Hermes-Lite 2 an der Klubstation in Wilthen bisher in Betrieb hatte.

Meine Remote-Station in Wilthen bei DF0BAU

  • Hermes-Lite 2 SDR-TRX
  • ATU AT100M
  • SWR-Meter RX200
  • Neptune PA 100W
  • SAMPLEX PS 13.8V
  • Buddipole PowerMini
  • Antenne DeltaLoop 83m lang / 17m hoch


Die Zweite, diesmal als 50W-Version, soll meine „Fieldday-PA“ werden, also in erster Linie für den Einsatz draußen „im Feld“. Sie ist mit ca. 10A Leistungsaufnahme bei 50W etwas Akku-schonender als die 100W-Version, aber letzlich ist der Unterschied zur 100W-Version äußerst gering. Wer also über so eine PA nachdenkt – mein Tipp: Nehmt gleich die 100W-Version. Natürlich ist bei nur 50W Ausgangsleistung mit der 100W-PA auch der Stromverbrauch entsprechend niedriger, schont also auch den Akku.

Da waren sie wieder – die unvorhersehbaren Probleme…
…und wieder ist es im Grunde „nur“ ein Softwareproblem 😡

Angenehm ist natürlich die Automatik zur Bandumschaltung – dachte ich zumindest. Leider zu früh gefreut.

Am Hermes-Lite 2 wie auch an meinem IC-705 funktioniert die automatische Bandwahl in den Modi SSB und auch beim Betrieb in FT8/FT4 nicht zuverlässig.
Die PA schaltet generell bei Nichterkennung der Sendefrequenz wieder zurück auf Bypass und damit einfach ab (aus Schutzgründen, um ein falsch selektiertes Bandfilter nicht mit HF zu strapazieren und damit die dortigen Kondensatoren zu riskieren), leider auch dann, wenn bereits das korrekte Band ausgewählt ist.
Das ist äußerst ärgerlich, da es bei SSB und auch bei FT8/FT8 häufiger zu diesem Effekt kommt und damit den QSO-Betrieb erheblich stört – wenn nicht gar unmöglich macht.

Letztendlich also wieder einmal ein Softwaredesignproblem, was die guten HF-Eigenschaften leider überdeckt.
Hier muss der Entwickler eine Entscheidung für die Gestaltung der Firmware treffen, sollte die Frequenzmessung für die automatische Bandwahl und damit die korrekte Wahl des entsprechenden Bandfilters speziell im Mode SSB nicht erheblich verbessert werden können.

Vorläufiges Fazit 😕

Beides sind qualitativ ordentliche, professionell und hochwertig aufgebaute Solid-State PAs.

100W Modell der Neptune-PA

Die angegeben Ausgangsleistungen werden bereits bei Ansteuerleistungen um 3-4W erreicht. Bei der 50W PA geht sogar etwas mehr, ich konnte fast 75W messen bei 4,5W Input. Auf Dauer ist das aber nicht zu empfehlen, stellt den Input so ein, das 50W rauskommen, das ist die sichere Bank. Darauf hat Paul mich auf Rückfrage nochmals extra hingewiesen. Gleiches gilt für das 100W Modell, auch hier gehen etwas mehr als 100W, sicher ist es aber, leicht darunter zu bleiben. Es schwankt eh ein wenig von Band zu Band. In Richtung 30 MHz fällt die Leistung leicht ab. Dieses Verhalten kenne ich aber von fast jeder PA.

Frontansicht
(identisch bei beiden Modellen)

Eine weitere Kritik meinerseits in Sachen PA Soft-/Firmware:
Die PA muss immer eingeschalten werden, das erfolgt durch Drücken des ON-Tasters für ca. 2-3s lang. Trennt man die PA einfach von der Versorgungsspannung, muss danach diese Prozedur leider erneut angewendet werden. Leider etwas ungünstig gelöst, speziell für Remotebetrieb.

Paul hat die Schaltungsunterlagen beider PAs zum Download für jedermann bereitgestellt, das ist lobenswert und fair.

Alles in Allem sind beide PA trotzdem eine bessere Wahl gegenüber mancher Billiglösung aus dem „Reich der Mitte“, sofern der Entwickler die Probleme mit der korrekten Frequenzmessung in den Griff bekommt.
Aus diesem Grunde kann ich derzeit diese PA nur bedingt empfehlen, da die beschriebenen Probleme bis jetzt – Stand Anfang Mai 2024 – im Originalzustand noch nicht beseitigt sind. Aber es gibt durchaus Abhilfe 🙂 . Lest weiter…

Grundsätzliches…

Leider ist es jetzt schon die dritte(!) PA in meinem Besitz, wo irgendwelche Softwareprobleme die eigentliche Funktion einschränken oder teilweise ganz blockieren. Rein HF-technisch sind und waren alle PAs tipp-topp in ihrer Funktion, auch die technischen Parameter in Sachen IM3 oder Oberwellenunterdrückung waren bisher nie zu beanstanden.

Da ich keine Zeit und ehrlich gesagt auch keine Lust habe, jedesmal auf irgendwelche Softwaredesignänderungen seitens des Entwicklers zu warten, sofern sie denn überhaupt je kommen, habe ich selbst eine Lösung erarbeitet und bereits umgesetzt, die diese Probleme vollständig beseitigt. 😀

Wie meine eigene Lösung sowohl für das 50W-Modell als auch für das 100W-Modell aussieht, habe ich in einem separaten Beitrag „Neptune PA und (meine) Problemlösung“ dieses Blogs entsprechend aufbereitet.

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