Hermes Lite 2 mit externer PA und Pre-Distortion mit OpenHPSDR-Thetis

Ja, es gab bereits Zeiten da hätte ich den Begriff „Pre-Distortion“ zum Unwort des Jahres im Amateurfunk erklärt. Zu ausufernd waren Bemerkungen von selbsternannten Experten oder auch selbstnannten „IM3-Wächern“. Zu beobachten war das vor einigen Jahren massiv speziell auf den dort bekannten einschlägigen 80m-Runden.

Glücklicherweise hat sich dieser „Hype“ wieder gelegt und beruhigt, Pre-Distortion oder besser Digital Pre-Distortion, kurz DPD genannt, ist inzwischen im Bereich der professionellen RF-Technik schon lange eine Art Industriestandard geworden. Im Bereich Amateurfunk sieht das noch nicht ganz so aus, da eine Vorraussetzung für DPD ja die digitale Signalverarbeitung ist, also unterm Strich einen SDR-Transceiver voraussetzt, der zudem noch diese Implementation vorgesehen haben muss. Nur bei ICOMs IC-7610 wurde DPD inzwischen per Firmwareupdate verfügbar gemacht, der neue IC-7760 wird DPD ab Werk haben.

Einer dieser SDR-Transceiver mit der Fähigkeit zu DPD ist auch der Hermes Lite 2, den ich hier in diesem Blog ja schon umfangreich beschrieben habe und selbst inzwischen als „Running station“ im Einsatz habe, ergänzt um eine Eigenbau-LDMOSFET-PA mit 500W. Genau da, also mit nachgeschaltender PA, wird die Geschichte DPD interessant und relevant.

Was ist „Digital Pre-Distortion“ ?

Auf Deutsch heißt Pre-Distortion nichts anderes als „Vor-Verzerrung“. Im Grunde ist es eine elektronische Verzerrungs-Gegenkopplung von Linear-Verstärkern, durch deren Einsatz IM3-Werte einer PA bis zu -50db möglich werden, die man sonst nur mit erhöhtem technischen Aufwand erreichen würde oder die Ausgangsleistung der PA unter ihre eigentliche Leistung reduzieren müsste.

Mithilfe der digitalen Vorverzerrung (DPD) werden also Leistungsverstärker (PA) linearisiert, um eine höhere Ausgangsleistung und Effizienz zu ermöglichen und gleichzeitig die Nichtlinearität auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. Ohne DPD muss die PA mit großem Back-off arbeiten, um die spektrale Emissionsmaske einzuhalten, was dann die Ausgangsleistung und die Gesamtleistungseffizienz deutlich reduziert. Um die gewünschte Ausgangsleistung zu erreichen, wäre also eine PA mit viel höherer Spezifikation erforderlich.

Schema DPD


Im Grunde wird also nach der PA und ihrem Filter (LPF oder BPF) das TX-Signal über einen Abschwächer wieder an den SDR-TRX zurückgeführt („Feedback“). In Kombination mit der PA erzeugt der Linearisierer ein Gesamtsystem, das linearer ist und die Verzerrung der PA reduziert. Im Wesentlichen wird eine „inverse Verzerrung“ in den Eingang der PA eingeführt, wodurch jegliche Nichtlinearität der PA aufgehoben wird. So kann man DPD in etwa beschreiben, wobei hier natürlich viel Mathematik eine Rolle spielt und die Umsetzung sich schon erheblich komplexer darstellt, als ich das jetzt in der Kurzfassung beschrieben habe.

Wer das noch genauer wissen will, dem empfehle ich folgenes Masterclass-Video „The Basics of Digital Pre-Distortion“ bei Youtube, welches von Rhode & Schwarz bereitgestellt wurde – leider ist es nur in englischer Sprache verfügbar:


Praktische Umsetzung der Pre-Distortion mit dem Hermes Lite 2 und
einer nachgeschalteten LDMOSFET-PA

Schritt 1: Bereitstellung des RX3-Eingangs am Hermes Lite 2

Um das Feedback-Signal wieder dem Hermes Lite 2 zuführen zu können, müssen wir den RX3-Eingang nutzen und ihn erstmal aktivieren. Im Lieferzustand von Makerfabs ist dieser Anschluß nicht vorhanden bzw. bestückt. Dazu benötigen wir ein Stück RG316 mit angecrimpter SMA-Buchse, die wir an der Rückseite des Hermes Lite 2 in die bereits vorhandene Öffnung montieren und das Antennenkabel am Connector zwischen dem Hermes-Mainboard und der N2ADR-LPF-Filterplatine anlöten müssen:

Montage der zusätzlichen SMA-Buchse für den RX3-Eingang

Anlöten des RG316 am Connector zur N2ADR-LPF-Filterplatine


Damit wäre die Vorbereitung am Hermes Lite 2 selbst erstmal abgeschlossen.

Schritt 2: Installation eines RF-Samplers mit Auskopplung

Um nun also das Signal nach der PA und ihrem Lowpassfilter an den Hermes Lite 2 zurückführen zu können, benötigen wir noch einen RF Sampler mit einem Auskoppelausgang.

Ich verwende einen von SV1AFN, dessen Auskoppeldämpfung etwa 50db beträgt:

RF Sampler von SV1AFN


Da ich etwa mit 600W Ausgangsleistung rechnen muss, reichen diese 50db Auskoppeldämpfung leider nicht ganz aus. 600W sind 57.8 dbm, 57.8 – 50 = 7.8 dbm, was immer noch ca. 6mW entspricht. Das könnte etwas zu hoch sein, Ziel sollte etwas um die -12..-17dbm sein. Also fügen wir noch ein zusätzliches 20db Dämpfungsglied hinzu, dann haben wir 70db Auskopplung.

Ausserdem würde ich den genauen Wert der Auskoppeldämpfung nochmals messtechnisch überprüfen, so hat sich ergeben, das mein RF Sampler zwischen 1-50MHz eine Auskoppeldämpfung von genau 45db ausweist und nicht wie von SV1AFN angeben 50db, das aber weitgehend linear in dem angegeben Bereich. Der Einfachheit halber rechnen wir hier aber mal mit 50db.

57.8 – 70 = -12.2 – da sind wir schon da, wo wir hinwollen.

RF Sampler plus ein zusätzliches Dämpfungsglied mit 20db


Den Ausgang nach dem 20db Dämpfungsglied verbinden wir jetzt mit dem Eingang RX3 des Hermes Lite 2.


Wer solch einen RF-Sampler allerdings selbst bauen und nicht fertig kaufen möchte, schaut einfach mal hier nach:
https://f5npv.wordpress.com/pure-signal-rf-sampler/

Schritt 3: Setup in der SDR-Software Thetis, um Pre-Distortion/PureSignal zu verwenden bzw. zu aktivieren

In der von mir genutzen SDR-Software Thetis in Kombination mit dem Hermes Lite 2 sind noch einige Schritte zu erledigen, damit wir Pre-Distortion nutzen können. Im Thetis heisst diese Funktion nämlich nicht DPD oder Pre-Distortion, sondern Pure Signal 2. Das ist aber einfach nur eine andere Bezeichnung für DPD und funktioniert so, wie DPD bereits beschrieben wurde.

Zuerst prüfen wir das Setup im Thetis für den Hermes Lite 2, folgende Dinge sollten wie dargestellt so eingestellt sein:

interne PA (5W) aktivieren und Duplexmode – weil erforderlich für PureSIgnal – ebenfalls aktivieren
160m – 10m auf 100 stellen, bedeutet, wenn DRIVE auf 0db gezogen wird, werden auch 5W an der internen PA des Hermes Lite 2 erzeugt
EInstellungen des im Thetis eingebauten Zweitongenerators

Als erstes aktivieren wir auf der Bedienoberfläche oben links die Button DUP und PS-A im Thetis:

Danach wählen wir im Menü oben den Punkt „Linearity“ aus, es öffnet sich dann folgendes Fenster:

Im Feld SetPk tragen wir erstmal als Wert 0.233 ein und setzen die Optionen so wie im Bild dargestellt. Das dient als Startwert, den Ihr einfach zuerst mal so ohne weitere Erklärungen verwenden sollt.
Man kann diesen Wert noch „verfeinern“, in dem man später, also wenn PureSignal bereits korrekt funktioniert, folgende Prozedur durchführt:

  • DUP und PS-A aktivieren, im Menü „Linearity“ auswählen, es öffnet sich ein Fenster „PureSignal 2.0
  • 10x eine 2TONE-Messung durchführen und alle angezeigten Werte im Feld GetPk notieren
  • den Durchschnittswert dieser 10 Werte bestimmen
  • von dem Durchschnittswert 0.00015 subtrahieren
  • den dann errechneten Wert möglichst mit 4 Dezimalstellen genau im Feld SetPk eintragen

Damit führt man eine Art Kalibrierung oder besser Fein-Justierung der PureSignal-Funktion an seinem eigenen, spezifischen System durch. Der bestimmte/errechnete Wert sollte nach der Fein-Justierung aber immer noch irgendwo um 0.23xx liegen, weicht das deutlich davon ab, arbeitet PureSignal nicht korrekt bzw. es gibt Probleme bei der korrekten Auswertung des Feedbacksignals an RX3 (Level zu hoch/niedrig, Störungen auf dem Signal etc.).

Zur Option „Quick Attenuate Response“ habe ich unterschiedliche Aussagen gelesen, einige sagen, diese Option sollte im Falle des Hermes Lite 2 deaktiviert sein, andere sagten genau das Gegenteil. Wir dürfen ja nicht vergessen, der Hermes Lite 2 ist ja nicht der einzige SDR-Transceiver, der von dieser SDR-Software OpenHPSDR-Thetis als Gerät unterstützt wird. Ich zumindest konnte in beiden Fällen, also aktiv und inaktiv, keine Unterschiede in der Funktion PureSignal feststellen. Ob diese Option nun relevant im Falle des Hermes Lite 2 ist, lassen wir mal an dieser Stelle offen. Sollte ich dazu noch genauere Informationen bekommen, werde ich diesen Teil des Artikels hier zu gegebener Zeit entsprechend anpassen und korrigieren.

Wenn wir jetzt alles abgestimmt haben und nun die 2TONE-Funktion benutzen (aktiviert den im Thetis eingebauten Zweitongenerator entsprechend seinen weiter oben in einem Bild dargestellten bzw. eingestellten Parametern), sehen wir rechts unten in der Spektrumanzeige, ob alles richtig arbeitet:

Der angezeigte Wert und die farbliche Darstellung haben folgende Bedeutung:
ROT: 0-90 ➨ Feedbacklevel zu niedrig, Signallevel am RX3 erhöhen bzw. Dämpfung verringern
GELB: 91-128 ➨ Feedbacklevel niedrig
GRÜN: 129-181Feedbacklevel optimal, Messung im optimalen Bereich
BLAU: >182 ➨ Feedbacklevel viel zu hoch, Dämpfung am Eingang RX3 unbedingt erhöhen

Wir bekommen einen Wert von 130 angezeigt, das Feld ist grün und damit arbeitet PureSignal2 korrekt, was auch durch die Anzeige „Correct“ bestätigt wird. In der Spektrumanzeige sieht man sein Sendespektrum, im Falle der Benutzung der 2TONE-Funktion sieht man auch, wie die Predistortion das Signal „putzt“, die IM3-Produkte sinken deutlich ab. Deaktiviert einfach mal PS-A und vergleicht das Signal mit und ohne Predistortion. DUP sollte aktiviert bleiben, damit seht ihr in der Spektrumanzeige im Thetis das per RX3 eingelieferte Feedbacksignal in Echtzeit, also jenes, was die PA real an Eure Antenne schickt – natürlich in abgeschwächter Form.

Bei mir sind die IM3 bei -75db mit PureSignal2, während sich die beiden Hauptträger bei -30db befinden. Macht immerhin 45db nach dem „Putzen“, ein schon sehr guter Wert. Ohne Predistortion sind es bei mir nur etwa 30db IM3, nicht ganz schlecht, aber auch nicht so wirklich gut. Also immerhin 15db „Systemgewinn“ durch diese Funktion in Bezug auf einen besseren IM3.

Auch ohne PA und externen Feedbacksignal via RX3 (wie in meinem Fall mit der 500W LDMOSFET-PA) kann mit den puren 5W des Hermes Lite 2 diese PureSignal-Funktion ebenfalls „barfuß“ genutzt werden. Die Modifikation mit dem extra herausgeführten RX3-Feedback-Antennenanschluß ist in diesem Fall nicht notwendig, denn in diesem Falle nutzt der Hermes Lite 2 einfach das Übersprech-Signal des RX-/TX-Relais. Das ist zwar mehr oder weniger „Quick’n’Dirty“, aber es funktioniert eben auch „barfuß“. Es muss also das Signallevel am RX3 wenigstens höher sein als das Signal, welches intern vom Übersprechen des RX-/TX-Relais kommt, wenn man es von Extern bzw. von Außen zuführt. Im Grunde „übersteuern“ wir das interne Übersprech-Signal mit unserem externen Feedback-Signal via RX3, welches aus dem RF Sampler gewonnen wird. Das ist so gewollt und auch so gedacht im Falle des Hermes Lite 2. Es kann auch kein anderer Eingang als RX3 ausgewählt werden, das ist fix und nicht änderbar, genauso wie eben auch nicht zwischen „interner“ und „externer“ Feedbackquelle selektiert werden kann.


Auch wichtig zu wissen ist der Hinweis von DL1YCF bei Benutzung eines normalen, nicht speziell für den Hermes Lite 2 optimierten RF-Samplers wie eben u.a. den von mir weiter oben beschreibenen von SV1AFN:

„Bei einem korrekt symmetrischen Dämpfungsglied führt dies zu einer Dämpfung von -3 dB beim Empfang, da das Dämpfungsglied dann den HF-Eingang zusätzlich mit 50 Ohm belastet.“

Schaut Euch dazu mal unter dem Link https://dl1ycf.darc.de/hl2.htm die Seite von DL1YCF an, er ist der Entwickler einer an den Hermes Lite 2 angepassten und optimierten eigenen Version der SDR-Software pihpsdr (gedacht für den Einsatz auf einem Raspberry Pi oder auch unter macOS) und gibt dort in Bezug auf den verwendeten RF Sampler Hinweise für einen möglichen Lösungsansatz zu dieser Einschränkung.

Fazit

Mit relativ geringem Aufwand kann man also dafür sorgen, seiner eingesetzten PA ein saubereres Sendespektrum zu verschaffen, was ja letztlich auch die Beeinflussung der Nachbarkanäle reduziert, indem mein in seiner Bandbreite von max. 2.7kHz bleibt, auch mit PA. Das hat also auch etwas mit Rücksichtnahme zu tun, wenn man sicherstellen kann, nicht ein zu breites Signal zu erzeugen.

Ich arbeite ja hier mit Thetis und nicht mit pihpsdr, jedoch sind es natürlich gleiche Funktionsprinzipien, die von einer Softwarebibliothek namens WDSP bereitgestellt werden, die sowohl im Thetis als auch im pihpsdr gleichmassen verwendet wird und ursprünglich von Warren C. Pratt, NR0V, als reine WINDOWS-Library veröffentlicht würde, später aber auch auf andere Plattformen wie Linux oder macOS portiert wurde.

Ändert sich die Leistung der PA muss man evtl. ein umschaltbares Dämpfungsglied bauen. Der Hermes Lite 2 benötigt immer so um die -12..-17dbm Input, ändert sich die Leistung der PA ändert sich natürlich auch dieser Wert. Das muss man dann also im Falle eines Falles „anpassbar“ gestalten und mittels Umschalter verschiedene Dämpfungsglieder schalten können. Meine PA ist immer Teil des Setups, deswegen benötige ich da keine Umschaltung.

Muss man sie – also die Pre-Distortion – nun unbedingt anwenden ? Die Antwort lautet natürlich „Nein, müssen muss man gar nichts.“ Es ist eine gute und sinnvolle, aber dennoch nur zusätzliche, mögliche Ergänzung. Da habe ich eine klare Meinung darüber.
Gute PA schaffen auch schon so teilweise IM3-Werte unter 40db, was ja schon sehr gut ist. Es ist einfach eine Ergänzung für PAs, die vielleicht nicht ganz so perfekt sind. Hier sorgt man einfach mit Hilfe der SDR-Software für eine zusätzliche Verbesserung seines Sendesignals. Das tut nicht weh und macht letztendlich einen guten Eindruck, da es die Bemühungen des Operators um eine gute Signalqualität im positiven Sinne nochmals zusätzlich unterstreicht.

Alles in Allem bleibt es aber ein optionales Feature, deren Anwendung jeder Operator für sich selbst entscheiden muss, ob er dieses nutzt oder eher darauf verzichtet. Jeder Funkamateur kennt die gesetzlichen Vorschriften, die bei einer Aussendung eines HF-Signals zwingend einzuhalten und umzusetzen sind, speziell Oberwellenunterdrückung und max. zu belegende Bandbreite und damit die Güte des eigenen Sendesignals und andere „unerwünschte Aussendungen“, wie das im Fachjargon bezeichnet wird.

In DL sind das zwischen 1,7 MHz – 35 MHz mind. 40db Dämpfung gegenüber der maximalen PEP des Senders bzw. höchstens -36dbm Signallevel, was generell an „unerwünschten Aussendungen“ im Bereich der Kurzwelle gesetzlich zulässig ist (gemäß Verfügung Nr. 33/2007: „Amateurfunk; Richtwerte für unerwünschte Aussendungen gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 der Amateurfunkverordnung AFuV).

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